Wie kamst du zum Korben?
Ich wohne seit Dezember 2009 in Schinznach. Als ich am Pfalzmärt Frieda Hartmann traf, war ich fasziniert von ihren Körben. Ich spürte, das Korberhandwerk wäre etwas für mich. Aber, die Zeit zum Lernen fehlte. Am Pfalzmärt 2014 meinte Frieda Hartmann, jetzt müsse ich mich dann aber entscheiden, ob ich wolle oder nicht. Von ihr könne ich das Korben nicht mehr ewig lernen. Mit neunzig Jahren wisse sie nicht, wie lange sie noch korbe. Als mir meine Freundin bald darauf zum Geburtstag Zeit schenkte, nahm ich die Chance wahr. Neun Monate ging ich jeden Mittwochnachmittag in die «Lehre». «Me mues draabliibe! Korben heisst üben, üben, üben», sagte Frieda jeweils. Die Stunden bei ihr zu Hause waren arbeitsam und ihre Ausführungen lehrreich. Wir haben uns gefunden, und wie viel haben wir zusammen gelacht. Hast du auch schon vom Korben geträumt? fragte Frieda. Mittlerweile ist es so, ich bin dem Korbervirus erlegen. Jetzt ist Frieda im Altersheim und ich mache mit ihrem Segen weiter. Froh darüber, eine engagierte Nachfolgerin gefunden zu haben, übergab sie mir sogar ihr Werkzeug, eine besondere Ehre. Im Dorf hat sich herumgesprochen, dass ich das Handwerk weiterführe, und es ist schön, dass Menschen auf mich zukommen, mir Weiden anbieten und Interesse an den Körben zeigen.
Was fasziniert dich am Korben?
Ja, was fasziniert mich so an diesem Handwerk? Zum einen die Tatsache, dass Körbe noch immer von Hand hergestellt werden. Maschinell geht das nicht. Jeder noch so billige Korb aus Asien hat ein Mensch von Hand hergestellt. Zum anderen fasziniert mich die knorrige Kopfweide. Ihre Äste vereinen zwei Eigenschaften: sie sind zäh und biegsam zugleich. Und schau, wie verschiedenfarbig sie leuchten! Aus ihnen entsteht fast ohne Hilfsmittel – eigentlich genügt ein Sackmesser – ein ästhetischer, langlebiger Gebrauchsgegenstand. Unzählige Formen sind möglich. Nötig sind weder Maschinen noch Nägel noch Schrauben, auch das ist faszinierend; einfach nur Weiden sowie Zeit, Geduld und Platz.
Wie entsteht ein Korb?
Bevor ich mit dem Korben beginnen kann, muss ich das Material beschaffen. Wie Frieda arbeite ich mit lokalen Weiden. Im Winter, wenn die Weiden keine Blätter und wenig Saft haben, werden sie geschnitten. Dann nach Länge und Dicke sortiert, getrocknet und gelagern. Geht es ans Korben, suche ich passende Weiden aus und weiche sie in Wasser ein. Nach etwa einer Woche kann ich mit Korben starten. All diese Vorbereitungsarbeiten, die «mise en place» heisst es beim Kochen, habe ich anfangs unterschätzt. Für einen Korb brauche ich sechs bis zwölf oder mehr Stunden. In jedem Stück steckt viel Arbeit. Einen Preis festzulegen, ist nicht einfach. Die Körbe sollen bezahlbar sein, doch als nebenberufliche Korberin soll ich auch etwas einnehmen. Ich stelle Erntekörbe, Einkaufskörbe und «Chriesichratte» her und erfülle auch individuelle Wünsche. So habe ich schon einen Babykorb, einen Hochzeitskorb und einen Urnenkorb hergestellt, Körbe «von der Wiege bis zur Bahre». Die Leute bringen mir auch kaputte Lieblingsstücke. Beim Flicken lerne ich immer wieder andere Techniken und Tricks kennen.
Wie geht es weiter?
Ich habe noch viele Ideen und freue mich auf viele weitere Flechtwerke. Vielleicht gebe ich auch mal Kurse, zum Beispiel für Firmen mit Angestellten, die ihre Hände einmal anders spüren möchten. Die Stube unseres Bauernhauses diente früher auch schon mal als Beiz, da könnten wir gleich das Essen mitanbieten. Meine Freundin kocht gern und im Garten haben wir feines Gemüse. Frieda besuche ich ab und zu im Altersheim, zeige ihr die neusten Werke und bin gespannt auf den Kommentar meiner Lehrmeisterin. Wir machen einen Ausflug ans Weinfest oder in die Kirche. Frieda ist mir ein Vorbild. Wenn ich es schaffe, ebenso lange dranzubleiben, liegen noch ein paar vergnügte Korberinnenjahre vor mir.
Interview von Anna Hoyer-Bühler
In: Die Nachlese 2017, Schinznach.
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